Kurz nach der Veröffentlichung der Ergebnisse des globalen Open Data Census unterzeichneten die G8-Mitgliedsstaaten, darunter auch Deutschland, die “Open Data Charter“. Die Unterzeichnerländer verpflichten sich damit unter anderem Haushaltsdaten, Unternehmensregister und andere Regierungsinformationen öffentlich zugänglich zu machen und sich gänzlich zur Offenheit zu bekennen, auch um “Transparenz und Innovation” zu fördern.
“Open Data by Default”
Die G8-Mitglieder versprechen in der Erklärung so viele Daten wie möglich, in einer Form, die für alle zugänglich ist, zu veröffentlichen. Im Rahmen der einzelnen Mitgliedsländer sollen dafür bis Ende des Jahres nationale Aktionspläne entstehen und die dort festgeschriebenen Fortschritte beim nächsten Treffen 2014 überprüft werden. Eine Implementierung der Prinzipien für offene Daten in die Politik der G8-Staaten sowie deren technischer Implikationen soll bis 2015 abgeschlossen sein. In der Verpflichtung zu den fünf Prinzipien für offene Daten sieht man laut der Erklärung, “eine neue Ära, in der Menschen offene Daten verwenden können, um Ideen und Dienstleistungen zu generieren, die eine bessere Welt für alle schaffen.”
Unterzeichner verpflichten sich zu fünf politischen Prinzipien
1. Open Data by Default
Die Unterzeichner der Charter verpflichten sich dazu, dass alle Regierungsdaten standardmäßig bereitgestellt werden sollen. Mit der Einschränkung, dass es “legitime Gründe gibt, warum das nicht möglich ist”. Dazu soll von den Ländern in einer öffentlichen Absichtserklärung die Strategie sowie ein Zeitplan, ein nationales Datenportal und ein Aktionsplan für Open Data veröffentlicht werden.
2. Qualität und Quantität
Die veröffentlichten Daten sollen so genau, aktuell und umfangreich wie möglich sein. Meta-Daten, die den jeweiligen Datensatz erklären, sollen verwendet werden und das Feedback von Nutzern soll mit in die zu entwickelnden Lösungen einfließen.
3. Nutzbar von allen
Die Unterzeichner verpflichten sich, die Daten in einer Weise zu veröffentlichen, die allen Menschen hilft, sie zu nutzen und sie weiterzuverwenden. Dazu sollen so “viele” Daten in so “offenen Formaten” wie möglich veröffentlicht werden.
4. Veröffentlichung von Daten für besseres Regierungshandeln
Die G8-Mitgliedern verpflichten sich zu einem Austausch über Techniken und die Veröffentlichung von Regierungsdaten sowie zu Transparenz bei der Datensammlung und Veröffentlichung.
5. Veröffentlichung von Daten für Innovation
Hier verpflichten sich die Unterzeichner ihre Daten nicht nur für die nicht-kommerzielle, sondern auch jede kommerzielle Nutzung zu öffnen. Außerdem sollen durch Wettbewerbe und Unterstützungsangebote die Verwendung von offenen Daten gefördert werden.
Erst ein Anfang
Bei aller Euphorie, ist das aber erst ein Anfang. Es bleibt abzuwarten, ob es sich dabei nur um ein bloßes Lippenbekenntnis handelt oder ob die Charter im Rahmen der G8-Mitgliedsstaaten weiterentwickelt wird und vor allem wie eine regelmäßige Überprüfung der Fortschritte stattfindet beziehungsweise ein Verstoß auch sanktioniert wird. Spannend ist dafür auch der Teil der Charter, der die Länder verpflichtet, ihre Daten vergleichbar zu machen. Wie in einer solchen Erklärung zu erwarten, fehlt es aber an konkreten Anknüpfungspunkten. Es gibt genug Spielräume für die Unterzeichner, die anstatt zu echter Offenheit und transparentem Regierungshandeln zu einer weiteren inhaltlichen Entwertung des Begriffs “Open” führen könnten. So wird zum Beispiel in der Charter zwar von der der Öffnung von Daten für kommerzielle und nicht-kommerzielle Nutzung gesprochen, ein einheitliches Bekenntnis zur Open Definition und konkreten Lizenzen (z.B. Creative Commons BY/0) sucht man aber vergeblich. Die Einschränkung in der Verpflichtung zu “Open by Default”, dass es Gründe gibt, Daten nicht zu veröffentlichen tut ihr restliches.
Next Steps? Next Steps!
OKF Deutschland e.V. begrüßt die Unterzeichnung der Charter grundsätzlich und fordert nun konkrete politische Schritte in Deutschland um die Prinzipien der Erklärung zu verwirklichen. Dem Prozess des nationalen Aktionsplans sehen wir hoffnungsvoll entgegen und fordern eine direkte Einbeziehung der zivilgesellschaftlichen Akteure bei der Entwicklung. Vor allem bei den “lebendigen” Richtlinien des Anhangs der Erklärung (PDF) gibt es unserer Meinung nach Konkretisierungs- und Optimierungsbedarf, den wir im gemeinsamen Dialog mit den Verantwortlichen über das Bundesinnenministerium (BMI) hinaus adressieren wollen. Nur so kann die Charter den Beitrag zur Förderung von Demokratie, Transparenz und Innovation leisten, den sie verspricht.
Hinweis: Dieser Beitrag von Christian Heise erschien zuerst im Blog der Open Knowledge Foundation Deutschland e.V..