https://drive.google.com/file/d/1bVv3bylyHzeUQcVupgBrbbaUEEdQwviH/view?usp=sharing
Zu einem innovationsfähigen modernen Staat und einer resilienten Demokratie gehört offenes Regierungs- und Verwaltungshandeln (Open Government): Transparenz, Partizipation und Zusammenarbeit.
Über 70 Staaten, unzählige zivilgesellschaftliche Organisationen sowie 150 Regional- und Lokalverwaltungen setzen sich für diese Form der strategischen Offenheit auch in der Open Government Partnership (OGP) ein, einem Zusammenschluss, an dem Deutschland seit 2016 teilnimmt. Zentrales Element der OGP-Teilnahme sind regelmäßige Aktionspläne. Nach vier nationalen Aktionsplänen stellt sich die Frage, wie Deutschland das offene Regierungshandeln in der 21. Legislaturperiode weiterentwickeln wird.
Offenes Regierungshandeln versteht sich als Leitbild moderner Verwaltung: eine „Kultur der Regierungsführung, die – geleitet von den Grundsätzen der Transparenz, Rechenschaftspflicht und Teilhabe – auf innovativem und nachhaltigem staatlichen Entscheiden und Handeln beruht und damit Demokratie und integratives Wachstum fördert“ (OECD).
Handlungsempfehlungen:
Offenheit bedeutet bei Open Government mehr als Transparenz – sie umfasst die Bereitschaft zur Veränderung, das Aufgreifen externer Ideen, Rechenschaftslegung und aktive Teilhabe. Die Grundideen von Open Government sind nicht neu, sie sind vielmehr elementarer Bestandteil unseres Rechtsstaats und dem demokratischen politischen Engagement in Deutschland. „Open Government soll staatliches Handeln für Bürger besser nachvollziehbar machen und durch deren Einbindung Akzeptanz von Entscheidungen erhöhen. Zum anderen sollte auch das Innovationspotential bedacht werden: Durch die Öffnung von staatlicher Problemlösung und Entscheidungsfindung werden, zum Beispiel durch die Zivilgesellschaft, Vorschläge und Impulse eingebracht, die sonst keine Beachtung gefunden hätten.“ (KAS).
Transparenz, Beteiligung und Zusammenarbeit sind Grundpfeiler der Integrität staatlicher Institutionen und für Vertrauen in den öffentlichen Sektor. Sie ermöglichen die für die demokratische Rechenschaftslegung notwendige Nachvollziehbarkeit von ziel- und wirkungsorientiertem Handeln und sichern den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Zudem stärken sie sowohl die Innovationsfähigkeit und Resilienz der Verwaltung als auch politische Innovation im demokratischen System. „Wir wollen durch mehr Transparenz unsere Demokratie stärken. Uns leiten die Prinzipien offenen Regierungshandelns – Transparenz, Partizipation und Zusammenarbeit.“ (KoaV 20. Legislaturperiode).
Eine Staatsmodernisierung gelingt nur mit offenem Verwaltungshandeln und verhilft dem modernen Staat zum lernenden Staat. Open Government ist dabei als prinzipiengeleiteter Ansatz aus der Staatsmodernisierung nicht wegzudenken und mehr als nur “good Governance”.
Die 2011 gegründete Open Government Partnership (OGP) verfolgt die Logik, offenes Regierungshandeln durch politischen Rückhalt, fachlichen Austausch, Vernetzung und durch verbindliches Berichtswesen (Independent Reporting Mechanism, IRM) zu fördern. Herzstück der Teilnahme ist deswegen die regelmäßige Erstellung von Aktionsplänen in Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft, deren transparente und co-kreative Umsetzung und deren Evaluation mit der Zivilgesellschaft. Zudem der nationale und internationale Erfahrungsaustausch. Hier kann man auf diverse Vorarbeit der letzten Regierungen aufbauen („Wir wollen die Nationalen Aktionspläne im Rahmen der Open-Government-Partnership (OGP) …umsetzen und weiterentwickeln.“, KoaV 20. LP; „Wir stehen zu unseren Verpflichtungen aus dem internationalen Open Government Partnership.“, KoaV 19. LP).
Mit dem Beginn der Teilnahme Deutschlands an der OGP im Dezember 2016 erhielt Open Government auf der Bundesebene erstmals breiten Rückhalt. Seither wurden vier zweijährige Nationale Aktionspläne erarbeitet, die das offene Regierungshandeln in verschiedenen Politikfeldern vorangebracht haben. Auch die Länder haben sich vereinzelt beteiligt, ein ausbaufähiges Engagement. Deutschland hat sich hier insbesondere durch den Politikfeld-neutralen Ansatz international Anerkennung verschafft. Zu den Vorhaben, die in den Aktionsplänen bislang zur Umsetzung kamen, gehören u.a. die Offenlegung des politischen Archivs des Auswärtigen Amtes, die Führungsrolle Deutschlands im Bereich der Transparenz der Rohstoffwirtschaft (EITI), die Förderung regionaler Open-Government-Labore oder das Dialognetzwerk zukunftsfähige Landwirtschaft.
2018 übernahm das Bundeskanzleramt die Federführung für das Thema. Diese Priorisierung führte zu einer deutlichen Verbesserung der Qualität des Teilnahmeverfahrens – mit eigener Internetpräsenz – und einem Sitz im OGP-Lenkungsausschuss (mit erfolgreicher Wiederwahl zu Beginn der 20. Legislaturperiode). Deutschland engagierte sich in den OGP-Gremien, auch in der OECD und wurde als Partner und Vorbild hoch geschätzt.
Doch das geht noch besser
Während beim Thema offene Daten viel Vorankommen in der Praxis zu verzeichnen ist (zwei Datenstrategien und eine Open-Data-Strategie des Bundes; mehrere Open-Data-Gesetze, auch auf Landesebene), wurde z.B. ein Transparenzgesetz in der 20. Legislaturperiode nicht mehr vorgelegt. Zudem hat das Thema Öffentlichkeitsbeteiligung in der Bundesverwaltung nach wie vor u.a. mangels zentraler IT-Tools und unklarer Zuständigkeit für Grundsatzfragen von Partizipation einen schweren Stand. Eine Open-Government-Strategie, für die auch die OECD wirbt, gab es bislang nicht. Ebenso hat die Bundesregierung noch kein Multistakeholder-Forum (MSF) installiert.
Insgesamt genossen das Thema Open Government und die Teilnahme an der OGP unter Bundeskanzler Scholz keine Priorität und die Folgen werden zwischenzeitlich auch auf internationaler Ebene deutlich wahrgenommen. Die Umsetzung des 4. Nationalen Aktionsplans wird zudem durch die vorgezogene Neuwahl gebremst.
Die künftige Bundesregierung sollte ein klares Bekenntnis zu offenem Regierungshandeln abgeben und eine umfassende Open-Government-Strategie entwickeln, idealerweise in einem co-kreativen Prozess mit der Zivilgesellschaft. So könnte Deutschland Vorbildern wie Kanada und Finnland folgen und diese Bemühungen mit Demokratie- und Modernisierungsstrategien verknüpfen. Die neue Bundesregierung muss die Teilnahme an der OGP unbedingt fortführen und mit ambitionierten Reformen und Aktionsplänen ehrgeizige Signale in die internationale Gemeinschaft senden, international wieder Verantwortung übernehmen und so wieder an Reputation gewinnen. Mit den wertvollen Vorarbeiten im Köcher könnte Deutschland zudem für den Vorsitz der OGP kandidieren und auch einen OGP-Gipfel in Deutschland ausrichten (im Oktober 2025 ist Spanien Gastgeber).
Ansprechpartner:
Oliver.Rack@posteo.de
walter.palmetshofer@okfn.de