Mehr ebenübergreifende Zusammenarbeit bei Open Government in Deutschland

Anforderungen der Zivilgesellschaft an ebenenübergreifenden Zusammenarbeit
Stefan Gehrke
Dieser Text basiert auf dem Vortrag von Stefan Gehrke am „Public Evening – Open Government @ Fraunhofer FOKUS“ am 05. November 2012.

Am 8. November 2011 hatte Bundesinnenminister Friedrich auf der Messe Moderner Staat den Open-Data-Wettbewerb „Apps für Deutschland“ gestartet. Er sprach in seinen einleitenden Worten von einer „Win-Win-Situation“, die durch den Wettbewerb entstehen sollte: Zum einen gewinnt der Bürger, der Applikationen auf Basis von offenen öffentlichen Daten zur Verfügung gestellt bekommt. Zum anderen sollte aber auch die öffentliche Hand als Gewinner aus dem Wettbewerb herausgehen, in dem sie von den Ideen der Bürgerinnen und Bürger profitiert.
Die drei ausrichtenden Vereine Open Data Network, Open Knowledge Foundation und Government 2.0 Netzwerk sprachen damals von einer gelungen Civil-Public-Private-Partnership, durch die dieser Wettbewerb erst das werden konnte, was er geworden ist. Vor allem auch den „Change Agents“ aus der Abteilung „Verwaltungsorganisation und Vewaltungsmodernisierung“ im BMI, die mit ihrem offenen Denken diese für Deutschland ungewöhnliche Kooperation zwischen Verwaltung, Zivilgesellschaft und Wirtschaft erst ermöglicht haben, ist der Erfolg der Initiative zu verdanken.
Die Motivation über künftige Zusammenarbeit zwischen Vertretern der Zivilgesellschaft  und der öffentlichen Verwaltung war zu dem Zeitpunkt hoch, und zumindest die Abteilung O des BMI hat nicht enttäuscht. Die gemeinsame Arbeit wurde in der Bund-Länder-Kommission vorgestellt, die Verwaltungsexperten haben die Community um Meinungen gebeten, und davon ist in einigen Papieren viel wiederzufinden. Das war neu! Jedoch gibt es auch Kritik:
Teilnehmende des Arbeitskreis Open Government Partnership Deutschland haben ihre Ideen zusammengetragen, wie sie Anforderungen der Zivilgesellschaft an ebenenübergreifende Zusammenarbeit im Bereich Open Government definieren würden. Ohne Bewertung oder Kommentierung finden sich diese Anregungen hier wieder:

  1. Wir wünschen uns, dass die Verwaltung noch mehr auf die Zivilgesellschaft zugeht. Zur Zeit gibt es einige Ausschreibungen, die etwas Neues zum Ziel haben und nicht das bereits bestehende unterstützen. Es gibt bereits viele zivilgesellschaftlich initierte und funktionierende Projekte und Portale, die mit öffentlicher Unterstützung ausgebaut werden könnten. Stattdessen werden viel zu häufig neue Projekte ausgeschrieben, die dann ohne Beteiligung von zivilgesellschaftlichen Organisationen und unter Einsatz von erheblichen Steuermitteln realisiert werden. Ob sie dann erfolgreicher sind als die bereits bestehenden, bleibt abzuwarten.
  2. Vor diesem Hintergrund erscheint dann die Beteiligung der Zivilgesellschaft „im Nachhinein“ als Alibi-Beteiligung. Das muss nicht so gemeint sein, wirkt aber so.
  3. Um solche negativen Konnotationen zu vermeiden, wünschen wir uns eine ganzheitliche Sicht der Dinge, die eine sehr frühe Beteiligung der Zivilgesellschaft erfordert.
  4. Vor diesem Hintergrund muss sich die Verwaltung fragen, ob sie sich das Monitoring und die Evaluierung ihres Handels aus der Hand nehmen lassen will. Ein offenes Monitoring von Regierungs- und Verwaltungshandeln setzt auf Datensammlungen und Bewertungen, an denen sich jeder beteiligen kann. Ein Beispiel ist die zivilgesellschaftlich betriebene Seite fragdenstaat.de, die zur Zeit allerdings diesen Staat eher als Gegner, denn als Partner betrachten muss… Hier zeigt sich der weite Weg, der noch zu gehen ist.
  5. Es sollte weder des Bürgers noch der NGO’s Aufgabe sein, sich um Zuständigkeiten Gedanken zu machen. Ressorts und dergleichen sind eine Erfindung der Verwaltung, d.h. diese steht hier in permanenten Rechtfertigungszwang.
  6. Wir halten es für sehr wichtig, dass, wenn es um ebenenübergreifende Zusammenarbeit geht, die höheren Ebenen die niedrigeren (kleine Kommunen, etc.) unter die Arme greifen, um ihnen Open Government zu ermöglichen. Gerade diese Kleinen sind schnell überfordert und so tendenziell von Open Government abgeschreckt.
  7. Ebenso wichtig ist für uns die Fortbildung der Verwaltung im Bereich Open Government. Hier ist eine flächendeckende Weiterbildung notwendig.
  8. Eine Aufforderung, die an alle Beteiligten geht: bei der frühen Einbindung von Stakeholdern müssen alle auch sensibel sein für die unterschiedliche Sprache in den verschiedenen Sektoren und Ebenen – Zusammenarbeit braucht eine gemeinsame Sprache.
  9.  und vorläufig letztens: Open Government entbindet den Staat nicht von seinem Grundversorgungsauftrag und aktiver Information über politische Themen und Prozesse. Das bedeutet, Open Government heißt nicht weniger politische Aufklärung und Information, nur weil sich Bürger die Informationen holen könnten.

Wenn diese Vorschläge und Ideen umgesetzt und beachtet werden, ist ein funktionieriendes und akzeptiertes Open Government denkbar. Open Government wird nicht billiger als Closed Government, aber effizienter, fordernder, fördernder und innovativer!

Dieser Text basiert auf dem Vortrag von Herrn Gehrke am „Public Evening – Open Government @ Fraunhofer FOKUS“ am 05. November 2012.

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